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Köln Marathon 2017 - trotz Toplauf eine Achterbahn der Gefühle

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01. Oktober 2017

Der Kölnmarathon wird bei mir immer in guter Erinnerung bleiben, obwohl ich kurz nach der Ziellinie über einem Absperrgitter hänge und heule… doch wie kam es dazu?

Die Vorbereitung auf den Kölnmarathon hätte besser nicht sein können. Keinerlei Schmerzen. Ich lief ein flottes Pensum, überbot im August mit 550km meinen Monatsrekord und es lief einfach alles rund. Schliesslich legte ich sogar den letzten langen Lauf über 38km in einer 4:07 Pace (=min pro km) hin – ohne gross mit der Wimper zu zucken.
Mein Selbstbewusstsein war genährt und meine Erwartungen waren entsprechend sehr gross. Alles deutete darauf hin, dass ich mir endlich meinen Traum erfüllen könnte: den Marathon in unter 2:40 zu meistern. Dass ich meine PB (=Persönliche Bestzeit) die derzeit bei 2:41:35 liegt, nicht unterbieten würde, stand für mich nie zur Debatte.
Ich ging davon aus, dass ich mir die einfach mal so abholen könnte. Das nennt man Übermut!

Dass das Ganze vielleicht doch nicht ganz so gut klappen könnte spürte ich dann aber rund 10 Tage vor dem Marathon. Hier kam zum ersten Mal etwas Unruhe ins Training. Ich lief 3*5000m zwar in einem guten Tempo – aber irgendwie lief es nicht mehr ganz so rund. Am nächsten Tag lief ich dann den letzten langen Lauf, ruhige 27km. Ich hatte den langen Lauf vorverlegt, weil am Sonntag dann noch der Team-Marathon mit dem Basel Running Club BRC stattfand. Sicher nicht ganz optimal – aber den Teamevent wollte ich mir nicht nehmen lassen – und er wurde ja zu einem Riesenerfolg! Gesamtsieg mit Streckenrekord. Für mich aber begann mit diesem Lauf das Unheil. Schon während den 5km die ich zu laufen hatte kam ich nicht wie gewünscht auf Touren und als ich danach unter der Dusche stand, begann ein Schnupfen. Der Schnupfen blieb dann für volle drei Tage. Und die Arbeitswoche die folgte war streng. Dreimal um 4:15 Uhr aufgestanden und zweimal ganze 12h gearbeitet. Das letzte Tempotraining fiel mir entsprechend schwer – ich war kraftlos. Aber mit dem Training das ich hinter mir hatte und dem Selbstvertrauen, machte ich mir zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Sorgen. Ich stieg am Freitagnachmittag voller Zuversicht in den Zug Richtung Köln.

Endlich war es soweit. Am Samstag dann der obligatorische Marathonmessebesuch mit dem Abholen der Startnummer. Hier traf ich dann bereits die erste Twitterbekanntschaft, Carmen mit ihrem 15jährigen Sohn. An der Messe liess ich mich dann am Brooksstand noch dazu überreden, den gerade in diesen Stunden neu herausgegebene Laufschuh «Levitate», zu kaufen. Mit diesem habe ich dann später noch 5 lockere Kilometer am Rheinufer entlang absolviert. Nach dem obligaten kurzen Nickerchen ging es dann auf zur Twitterlauftreff – Pasta – Party. Es war schön wieder einmal einige bekannte Gesichter zu sehen und sich einfach mit gleichgesinnten auszutauschen. Passend zu Köln war nur eine kleine Twitter-Gruppe angereist: Elli mit Sven, Carmen mit ihrem Sohn, Sascha (der Sarah leider Zuhause lassen musste) und Christian mit Jessi (Nina konnte leider auch nicht kommen). Die Stimmung war toll und es wurde viel gelacht. Christian hat sich ja als Supporter zur Verfügung gestellt und ich gab ihm Anweisungen welche Getränke er mir wo geben sollte. Unvergessen bleibt die Szene wo er fragt: «Und wie weiss ich in welcher Flasche Cola - und in welcher Flasche Wasser ist?» Und ich ihm simpel antworte: «Cola ist schwarz!» Riesengelächter :-D

Dann aber galt es ernst. Rückzug ins Hotelzimmer. Die letzten Vorbereitungen treffen. Und für alle die noch nie in einer solchen Situation waren: stellt euch vor man wird euch gleich in der Wildnis in einen kalten, reissenden Fluss werfen, die Beine gefesselt seid ihr umzingelt von hungrigen Krokodilen. Etwa so fühlt es sich an. Nervosität ohne Ende. Ich befestigte wie immer am Vorabend mittels Sicherheitsnadeln und Tape zwei Babysocken an meiner Laufhose. Nein, nicht als Glücksbringer, sondern als praktische kleine Taschen für die Energiegels. Ich studierte ein letztes Mal die Strecke, die Verpflegung und die Taktik. Ich fühlte mich bereit. Zur letzten Motivation schaute ich mir noch einmal die Dokumentation über das Marathon- Sub2h-Projekt an, in welchem mich Eluid Kipchoge (der aktuell stärkste Marathonläufer) unglaublich fasziniert. Er sagt in diesem Film: «Du lebst einfach, du trainierst hart und lebst ein ehrliches Leben – dann bist du FREI». Ich wandle dies für mich zutreffend so um: «Ich kümmere mich um meine Familie, ich gehe einer ehrlichen Arbeit nach und ich trainiere hart – und DAS macht mich FREI!» (Das versteht vermutlich nur ein Läufer der sich mehrfach pro Woche aus der Komfortzone heraus wagt). Irgendwann gegen Mitternacht löschte ich das Licht, ging in Gedanken noch einmal Schritt für Schritt den bevorstehenden Tag durch und schlief dabei ein…

Dann endlich: Raceday! Der Start war erst auf 10 Uhr angesetzt, daher konnte ich alles sehr ruhig und gelassen angehen. Ich frühstückte im Hotelzimmer und trank in der Bahnhofshalle noch einen Espresso, da ich eh noch etwas Wasser einkaufen musste. Ich zog meine Wettkampfsachen an und verliess dann tatsächlich im ersten Anlauf das Hotel ohne Startnummer! So etwas ist mir bisher noch nie passiert :-D Schnell zurück, Startnummer befestigt und dann aber ab zum Start.

Beim Startgelände war doch sehr viel Betrieb. Ich fühlte mich gut, ich war bereit und freute mich, dass es in rund einer Stunde endlich losgehen würde. Die Atmosphäre vor einem Marathonstart ist immer sehr speziell. Ich ging zum Startblock direkt bei der Startlinie und genoss die tolle Stimmung. Es war herrlich. Endlich der Lohn für all das Training, für all das Entsagen, für das wochenlange «Leben am Limit». Als ich zum Drittenmal darum gebeten wurde jemanden vor dem Startbogen zu fotografieren verzog ich mich etwas zurück. Dann um 09:30 verlor ich plötzlich etwas die Spannung. Irgendwie war es, als würde ich «den Biss», «den Willen hier etwas reissen zu wollen», verlieren. Plötzlich hörte ich meinen Namen. Sascha kam noch kurz vorbei um mir alles Gute zu wünschen – das tat noch einmal richtig gut. Dann 10 Uhr – kein Start. Der Speaker erzählte irgendwelche Geschichten. Und stellte dann noch eine Triathletin vor die heute bei ihrem ersten Marathon eine 2:40 Laufen wollte. Wow, dachte ich, das ist meine Gelegenheit, ich werde mich an sie hängen. Rebecca Robisch war die Frau und sie legte in Köln ein tolles Marathondebüt hin – Gratulation! Dann endlich um 10:03 Uhr doch noch der Startschuss und ich rannte an den Läufern vorbei um mich direkt an Rebecca zu heften. Das klappte sehr gut. Es lief natürlich am Anfang noch eine recht grosse Gruppe mit Rebecca mit. Das brachte doch etwas Unruhe. Ich lief zuerst hinter der Gruppe. Setzte mich dann an die Spitze, spürte das es ein paar kräftige Windböen gab und begab mich wieder nach hinten. Rückblickend ist es mir ein Rätsel wie ich als «alter Hase» (es war mein 28. Marathon) einen so amateurhaften Start hinlegen konnte: statt ganz ruhig mein Tempo zu finden rutschte ich in der Gruppe hin und her. Ein Läufer berührte dabei von hinten mein Bein – was man ja gar nicht mag. Auch Rebecca lief mir zweimal in die Beine. Zudem hatten wir noch Begleitung von einer Motorradkamera (da Rebecca die führende Frau war) und die Abgase waren richtig unangenehm.

Als es dann schon viel zu spät war habe ich mich endlich gemütlich hinter die Gruppe platziert. Hier konnte ich ruhig laufen. Dann aber ab km 9 bekam ich Seitenstechen. Seitenstechen habe ich im Training nie – in Wettkämpfen leider immer mal wieder – dafür aber, habe ich gelernt den Schmerz auszuhalten. Das machte ich auch und gleichzeitig versuchte ich durch richtiges Atmen wieder in den richtigen Rhythmus zu kommen. Es wurde nicht besser. Mir wurde klar, dass das Seitenstechen drohte mein aufwändiges Training zu Nichte zu machen. Ich wurde etwas langsamer, nur minim. Es reichte, die Schmerzen gingen endlich weg. Ich beschleunigte wieder bis zur Gruppe und schon waren die Schmerzen wieder da. Irgendwann musste ich wieder «aufgeben» - ich wurde wieder etwas langsamer, fand mein Tempo und schliesslich verschwand dann das Seitenstechen ungefähr bei km 13 endgültig. Die Gruppe um Rebecca war stets in Sichtweite – und da es mir wieder gut ging – und mein Selbstbewusstsein nach wie vor nur so strotzte – begann ich wieder zu beschleunigen. Kurz nach der Halbmarathonmarke (1:18:59) hatte ich dann endlich wieder zur führenden Frau aufgeschlossen. Sie war Mittlerweilen alleine mit ihrem Pacemaker unterwegs – und immer noch in Begleitung von der Motorradkamera. Irgendwie fühlte ich mich bei den beiden nicht recht wohl. Weder hinter ihr noch neben ihr. Also zog ich einfach an ihr und dem Pacemaker vorbei. Schliesslich konnte ich auf ein fast perfektes Training zurückblicken – da darf man mutig angreifen – ja ich fühlte mich fast dazu verpflichtet hier an dieser Stelle etwas zu riskieren. Ich näherte mich Kilometer 26 – von der Strecke und dem Marathon an sich, kriegte ich nur wenig mit. Ich war total fokussiert. Und da ich von Beginn an vorne mitgelaufen war, bekam ich die «Grösse» vom Kölnmarathon gut zu spüren – ich war alleine unterwegs. Und das ist immer ein komisches Gefühl und es ist auch schwieriger voll und ganz im Rennmodus zu bleiben. In Berlin oder Frankfurt hast Du auch bei dieser Pace eine Menge Leute um Dich herum, die einen mitziehen, motivieren und letztlich auch ablenken. Hier nun aber lief ich praktisch alleine. Da war es doch ein Riesenhighlight zwischendurch den Christian mit Jessi am Strassenrand kurz zu sehen.
Die Getränkeübergabe funktionierte super und ich bin dem Christian dafür sehr dankbar! Der Streckenverlauf war so, dass man immer mal wieder das hintere Läuferfeld sehen konnte. Und da war es für mich noch einmal motivierend, als mich da der Landschaftsflitzer (Twitter: @LaFlitzer) durch Zurufen angefeuert hat! Einfach stark, dabei hat er selber in 3:02:07 ein megastarkes Marathondebüt hingelegt! Gratulation! Auch auf der Strecke war immer mal wieder jemand vom Twitterlauftreff, der mich toll angefeuert hatte. Schon genial dieses Social-Media :-)

Bereits bei km 26 machte sich das Gefühl in mir breit, dass ich mein ambitioniertes Ziel, den Marathon unter 2:40 zu laufen, verwerfen musste. Ich wehrte mich dagegen. Aber es war einfach nicht mein Tag. Die Beine wurden auf einmal schwer wie Blei und ab km 30 war es für mich definitiv. Irgendwie musste ich kampflos Ziel 1 von Bord werfen. Nicht der perfekte Tag. Klar war mir bewusst, dass ich nicht einfach so diese Traumzeit erreichen könnte, dennoch hat es mich in diesem Moment sehr beschäftigt. Zum ersten Mal seit Wochen wurde mein Selbstbewusstsein untergraben, in der Sprache des Boxsports: ich wurde angezählt. Aber was soll ich dazu sagen- auch heute im Nachhinein? Das ist Marathon. Das ist kein Kindergeburtstag an dem Schokoladenkuchen aufgetischt wird. Wie oft habe ich schon geschrieben, dass Marathon ein Abenteuer ist… nun war ich mitten im Abenteuer. Doch irgendwie fehlte dem Comichelden die Kraft sich zu behaupten. Ich wusste, dass mich viele Freunde und Bekannte im Liveticker verfolgten und irgendwie wollte ich den grossen Coup auch für sie landen. Aber die Beine streikten und der Kopf war brav wie ein Lämmchen – und so hatte ich keine Chance mehr etwas ausrichten zu können. Mein Wunschtempo war ausser Reichweite. Trotzdem kämpfte ich weiter so gut es eben ging. Nun rächte sich mein wildes Rehkitz-Herumgehüpfe auf den ersten Kilometern – der Stoffwechsel schien blockiert, die Beine steif und schwer und der Kopf müde. Rebecca zog wieder an mir vorbei. Ihr Pacemaker stieg ungefähr bei km 35 aus dem Rennen und konnte in ein Fahrzeug steigen, dass mich noch dazu zwang einen kleinen Bogen zu laufen. Rebecca blieb aber in Sichtweite. Natürlich wollte ich aufschliessen, natürlich habe ich sie fokussiert, aber mein Laufgefühl, die Beine, der Kopf, alle sprachen sie eine Sprache: Tote Hose – heute geht nichts mehr. Es ging auf km 38 zu – hier würde noch einmal Christian stehen. Ich fühlte mich schlecht, ich wollte ihn doch als «Sieger» sehen, als einer der drauf und dran war seine Grenzen zu sprengen. Aber nein, ich wusste ich musste schrecklich ausgesehen haben. Doch der Christian motivierte mich noch einmal: «Du siehst gut aus, es sieht locker aus – da vorne läuft das Mädchen, los! Schliesse zu ihr auf!» - ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, ich soll noch gut und locker aussehen? «Dieser alter Schmeichler!» ging es mir durch den Kopf. Genial!

Plötzlich wurde mir auch bewusst, dass sogar meine PB langsam ausser Reichweite rückte. Weil ich nicht alles geben konnte, blieben meine Gedanken klar (was nicht bei jedem Marathon der Fall ist). Und so konnte ich genau ausrechnen wie ich ungefähr in der Zeit war. Schrecklich! Da hat mich dieses Rennen definitiv auf dem falschen Bein erwischt. Da lief ich nun, der ich noch zu Beginn dermassen mit Selbstvertrauen gestartet war, angetrieben von meinem perfekten Training. Nun wurde ich im Verlaufe des Marathons quasi zum Opfer meiner «perfekten Vorbereitung», die mich schlicht zu übermütig gemacht hat. Das einzige und schier unglaubliche zu diesem Zeitpunkt war, dass ich nicht überholt wurde. Bei einem grossen Lauf, würde jetzt einer nach dem anderen an mir vorbeiziehen und mich noch mehr ins Elend stürzen. Hier aber konnte ich mich behaupten. Und ich wusste, dass bei km 40 Julia (@julia_runs vom Twitterlauftreff) auf mich wartete um mich euphorisch anzufeuern und so blieb mir nichts anderes übrig, als einfach weiter zu laufen – auch wenn mir das so unglaublich schwerfiel – schliesslich hatte ich hier zu dem Zeitpunkt meine beiden Ziele aus den Augen verloren, für mich gab es nichts mehr zu gewinnen. Aber trotzdem machte ich weiter. Die Zuschauer in der Innenstadt waren grandios. Ein Gekreische! Einfach toll! Marathon ist so unbeschreiblich! Und da feuerte sie mich auch schon an die Julia – ich konnte ihr sogar noch kurz zuwinken. Danke! Und ein paar Schritte weiter erkannte ich dann auch noch Katrin und Daniel (@beVegt von Twitter) die mir auch noch zuklatschten.

Dann ging es auf die Ziellinie zu. Noch vorbei an der allerletzten Verpflegungsstelle wo schon am Morgen beim Halbmarathon 15'000 Läufer durchgelaufen sind – und hier klebte der Asphalt richtig von all den ausgeleerten Süssgetränken. Kaum Kraft und dann noch das. Der Schluss dehnte sich in eine schmerzende Ewigkeit. Noch 1.5km – noch 1km – «Lauf! Lauf! Lauf einfach! Denk an nichts! Lauf Junge, Lauf!» ging es mir durch den Kopf. Den Dom habe ich nicht einmal wahrgenommen so fix und fertig war ich. 500m vor dem Ziel hatte ich noch Kraft in die Hosentasche zu greifen und mir die Clownnase aufzusetzen. Mein Markenzeichen. Ich mache das um mir und der Welt zu sagen: «Zuhause habe ich drei Kinder und mein Beruf ist es ein alternatives Krebsmedikament herzustellen – dieses Marathongedöns, so hart es auch ist, und so viel Zeit man dafür auch opfert, letztlich betrachtet ist es völlig unwichtig, purer «Luxus», ein unglaublich bereicherndes Hobby, aber nicht mehr und nicht weniger.

Und so bog ich in die letzte Kurve ein. Und sah endlich das erlösende Ziel. Geschafft! Ich kam direkt nach der Ziellinie neben Rebecca zu stehen – und da waren sicher an die 20 Fotografen die mit ihren Apparaten auf sie, in dem Fall auf uns, zielten. Ich streckte kurz die Arme nach oben, realisierte, dass die ja bloss an Rebecca interessiert sind und zwängte mich durch die Paparazzis. Dann wurde es ganz ruhig. Ein Läufer ging vor mir. Wir gelangten gemeinsam zu der Stelle wo einem die Medaille um den Hals gehängt wird (bei einem Marathon ist es üblich, dass jeder der das Ziel erreicht eine Medaille kriegt). Hier standen etwa 30 Helfer. Und auf einmal fingen alle Helfer an zu klatschen. Was für ein eindrückliches Bild – fantastisch. Wir bedankten uns und liessen uns die Medaille um den Hals hängen, obwohl mir eigentlich gar nicht danach war – eine Medaille? Für mich? Wozu? Rasch ging ich weiter, ich wollte einen Moment für mich alleine sein. Schliesslich erreichte ich endlich einen stillen Ort. Ich beugte mich über ein Absperrgitter und liess ein paar Tränen über mein Gesicht fliessen. Ich heulte aus einer Mischung von Enttäuschung, Erschöpfung und Freude. Ich erreichte weder mein grosses -, noch mein kleines Ziel. Ich bin schlicht eine 2:43:54 gelaufen. Das bedeutete heute Platz 14 in der Gesamtrangliste und ich war der schnellste Läufer der älter als 45 Jahre ist – und das in Köln! – was für eine Hammerleistung!

Es begann eine Achterbahn der Gefühle zwischen Freude und Enttäuschung. Sport kann so brutal sein. Monatelang gekämpft und fleissig trainiert. Verzichtet. Gelaufen was ging – und doch, der Lohn schien mir in diesem Moment alles andere als fair. «Aus! Das tue ich mir nie mehr an! Wozu das Ganze?».Schliesslich realisierte ich, dass ich seit dem Frühjahr 2014, also innerhalb von 3.5 Jahren (und das trotz meiner Verletzungspause 2015), in 5 Marathons die ich schnell laufen wollte, in 5 verschiedenen Städten jeweils eine Zeit von unter 2:45 gelaufen bin (alle zwischen 2:41:35 und 2:43:54!). Und zwar in Wien, Berlin, Frankfurt, Paris und Köln! Auch das ist ein tolles Ergebnis. Und es war mein 11. Sub 3h – Marathon! Ein bisschen verrückt ist das ja schon!

 

Nach dem Marathon ging ich direkt in mein Hotelzimmer, es lag nur wenige Schritte vom Ziel weg (war natürlich von mir alles so geplant). Ich duschte und legte mich ins Bett. Nun hatte ich viel Zeit für Twitter. Es war für mich sehr berührend wie viele Twitterfreunde sich bei mir meldeten und anerkennende und tröstende Worte schrieben. Ich finde der Florian (Twitter: @rehspeck) hat es gut auf den Punkt gebracht: Er meinte, viele würden sich als guten Tag so einen Tag wünschen, den ich als schlechten Tag bezeichne. Wie recht er doch hat. Alles ist relativ! Diese Perspektive hatte mich wieder zurück auf den Boden geholt. Auch dafür kann Twitter gut sein! Danke!

Nun muss der Blick nach vorne gerichtet werden. Seit 2011 trainiere ich leistungsorientiert. Und ich habe mich dazu entschieden «es» noch einmal zu versuchen. 2018 findet #thelastbattle statt, noch einmal heisst es #breaking160! Leute, es geht weiter! Ab in die Laufschuhe! Laufen, Laufen, Laufen… the show must go on!

Tschüsss!
 

 

D A N K E:

Und ein ganz herzliches Dankeschön an alle die mich auf dem Weg zum Köln Marathon in irgendeiner Form unterstützt, motiviert oder begleitet haben. Der grösste Dank geht an meine Frau Elissa, die jeweils am Sonntag meine langen Läufe (und mein Müde sein danach) aushalten musste (und noch ein paar Trainingseinheiten mehr). Meine Schwiegereltern und mein Schwager für das viele Hüten der Kinder, damit ich trainieren konnte. Dem Basel Running Club für die jeweils so motivierenden Begegnungen, so eine tolle Truppe! Dem Twitterlauftreff für die vielen motivierenden Tweets und den vielen Glückwünschen. Und natürlich den tollen Lauffreunden vor Ort für das unvergesslich schöne Wochenende: Elli und Sven, Carmen mit ihrem Sohn, Schluppenchris mit Jessi und dem nimmersatten Laufclown Sascha :-D – Vielen, vielen Dank!!!

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