10 Meilen Lauf in Laufen
Juni 2013
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Das Durchforsten der letztjährigen Ranglisten machte mir deutlich, dass dieser kleine Lauf gut besetzt sein würde. Mit dem Fernziel „Top Zeit beim Frankfurtmarathon im Herbst“ – wollte ich einen richtig flotten Lauf hinlegen. Das heisst von Beginn an schnell laufen und dann sehen was passiert. In der Startliste entdeckte ich eine Frau, die den Marathon in rund 2:40 läuft – und ich dachte mir, dass ich mich einfach an sie halten sollte, zumindest auf Sichtkontakt laufen müsste drin liegen. Vor- und am Start war absolut keine Hektik. Ich traf noch Urs und John und hatte wirklich eine ruhige Vorbereitung. 10 Min vor dem Startschuss hielt ich noch den Kopf unter fliessendes, kaltes Brunnenwasser. Es war kurz vor 19 Uhr und immer noch 26°C warm. Mit dem kühlen Kopf ging’s dann zum Start. Dort suchte ich meine persönliche Pacemakerin – fand diese allerdings nicht. Sie war nicht am Start. Also musste Plan B her. Der lautete: vorne mitlaufen, sehen wie gut es geht, aber lieber etwas zu schnell starten.
Und so sprintete ich mit dem Startschuss direkt hinter der vordersten Gruppe. Nach rund 1km schätze ich mich auf Position 11... die ersten 3 km verliefen flach und ich kam gut weg. Allerdings spürte ich gleich, dass es heute keinen lockeren Lauf geben würde. Heute müssen Wille und Kampf herhalten. Dann ging es ab in die erste Steigung, rund 1.25km den Berg hoch. Ich hatte das Gefühl ich krieche wie eine lahme Schnecke, aber der Blick nach Vorne verriet mir, dass der Abstand zum Vordermann in etwa gleichmässig blieb. Auch blieb ich alleine, niemand überholte mich oder schloss zu mir auf.
Es wurde wieder flach doch das Laufen blieb schwer. „Mann oh Mann auf was habe ich mich da nur eingelassen“, ging es mir durch den Kopf. Die erste Verpflegungsstelle kam. Natürlich trank ich auf diesen 10 Meilen keinen Schluck – wozu auch? Aber ein bisschen den Mund anfeuchten und etwas Wasser über den Kopf leeren, das tat gut. Die zweite Steigung war irgendwie noch härter und ich verstand es nicht, dass ich nicht überholt wurde. Mittlerweile lief ich in der Tat so gut wie alleine. Dann endlich war es soweit. Km 9 – der letzte Anstieg war geschafft, von jetzt an ging’s bergab... Ich fand einen guten Rhythmus und lief so rund 2 km durch den Wald. Da auf einmal vernahm ich Schritte – tatsächlich schaffte es ein Läufer zu mir aufzuschliessen. Doch mein Blick zurück versicherte mir: er war allein - es war sonst niemand zu sehen. Er überholte mich langsam und ich motivierte ihn dabei mit den Worten „Stark - Super!“. Doch dann kratzte ich noch einmal alle Kraft zusammen und blieb ihm auf den Fersen. „Das ist das beste was Dir jetzt passieren konnte“, dachte ich, „jemand, der Dich jetzt ins Ziel zieht – wunderbar!“. Und so schaffte ich es tatsächlich mich an ihn zu heften. Kurzzeitig schloss ich sogar zu ihm auf und zog sogar noch ein paar Meter an ihm vorbei, ehe er wieder angriff um die Führungsarbeit wieder zu übernehmen. Wir erreichten km 13 und jetzt ging es noch die letzten 3 km flach bis ins Ziel. Doch ich spürte, dass mir so langsam die Kraft ausging. Klar, ich bin zu schnell ins Rennen gestartet und die beiden Steigungen haben mir den Rest gegeben. Anstatt mich beim km 14 – Schild zu freuen, riss es mich noch tiefer in meine mentale Krise. „Was? Noch 2 km? Noch so weit?“ jammerte ich in mich hinein. Ich blickte zurück und sah niemanden. Ich rannte. Und ich wusste nicht einmal wofür ich rannte. Auf welcher Position bin ich? Geht es um einen Podestplatz in meiner Altersklasse? Ich wünschte mir irgend ein Zuschauer würde wenigstens meine Gesamtposition zu rufen, aber das geschah nicht. Dann der letzte Kilometer, ich war mittlerweile wirklich völlig am Ende meiner Kräfte, am Liebsten hätte ich eine Gehpause eingelegt. Den Vordermann liess ich jetzt ziehen und ich blickte regelmässig zurück, sah aber niemanden, was mich zwar beruhigte, aber auch nicht weiter motivierte noch einmal schneller zu Laufen. Die letzten paar Hundert Meter schlängelten sich noch in weitem Bogen um das Ziel herum... dann aber endlich war es in Sichtweite. Geschafft! Bei einem Marathon würde man jetzt durch ein unbeschreibliches Bad von emotionalen Gefühle gehen, hier aber genoss ich einfach den Applaus der vielen Zuschauer, winkte freundlich zurück und überquerte sehr zufrieden in 1:02:01.9 die Ziellinie – als Gesamt 10. – aber das erfuhr ich alles erst später. Mein „Zugmann“ empfing mich freundlich im Zielraum und gratulierte mir für den tollen Lauf, was ich natürlich erwiderte. Ich trank einen Becher Iso und machte mich auf den Weg zur Garderobe. Dort angekommen lief ich noch 1km locker aus.
Dann aber zurück zum Zielraum, dort gönnte ich mir noch ein leckeres, alkoholfreies Bier und der Teller Pasta wurde vom Veranstalter gesponsert. Ich ass und trank, plauderte noch mit Urs und begann dann in Ruhe mit dem Smartphone die Rangliste abzurufen: und da entdeckte ich die Überraschung! Ich wurde in meiner Altersklasse M40 Zweiter! Wow! Ich durfte auf’s Podest und erhielt sogar noch Einkaufsgutscheine im Wert von CHF 30.-, mein erster Lohn, den ich mir mit Laufen verdient hatte. Ein tolles Gefühl, ein gelungener Lauf. Und eine wirklich schöne Veranstaltung mit familiärem Charakter.